Bericht zur Einführung der Lernbüros in der Sekundarstufe
Schuljahr 2024/25
Im Rahmen der Einführung der neuen Unterrichtsform „Lernbüros“ in der Sekundarstufe wurde zu Beginn des Schuljahres 2024/25 eine grundlegende Veränderung im Unterrichtsalltag umgesetzt. Die Schüler:innen haben die Möglichkeit, selbstständig ihre Lernziele zu wählen, ihre Arbeitszeit zu strukturieren und sich ihre Lerninhalte selbstständig zu erarbeiten. Diese Veränderung in insgesamt sechs Unterrichtsstunden umgesetzt, die den Fächern Deutsch, Mathematik, Englisch sowie Geschichte/Politik entnommen wurden.
Struktur und Ablauf des Lernbüros
Die Schüler:innen starten zu Beginn jeder Lerneinheit mit der Auswahl ihrer individuellen Lernziele. Dies ermöglicht ihnen, Verantwortung für ihren Lernprozess zu übernehmen. Anschließend organisieren sie ihren Arbeitsplatz, wählen ihren Lernort und entscheiden, ob sie mit anderen Schüler:innen zusammenarbeiten möchten. Die Arbeit erfolgt selbstständig, wobei Lehrkräfte als Lerncoaches zur Verfügung stehen, um den Lernprozess zu begleiten und bei Bedarf Unterstützung zu bieten.
Zusätzlich wurde der Unterrichtsprozess durch folgende Anpassungen optimiert:
Individuelle Lern-Coaching-Gespräche: Um den Lernprozess noch gezielter zu unterstützen, bieten die Lehrkräfte den Schüler:innen individuelle Lern-Coaching-Gespräche an. Diese Gespräche dienen dazu, die Schüler:innen in ihrem Lernprozess zu begleiten, zu motivieren und sie bei der Überwindung von Lernhindernissen zu unterstützen. Dabei werden nicht nur fachliche Fragen geklärt, sondern auch persönliche Lernstrategien und -ziele besprochen.
Peer-to-Peer Unterstützung: Die Schüler:innen werden ermutigt, sich gegenseitig zu unterstützen. In Form des Peer-to-Peer-Prinzips können sie ihr Wissen teilen, sich gegenseitig beim Verständnis von Inhalten helfen und voneinander lernen. Dieser Austausch fördert nicht nur das kooperative Lernen, sondern stärkt auch soziale Kompetenzen und die Verantwortung füreinander.
Kompetenzraster und Übersichten für Orientierung: Für das Fach Mathematik wurde ein Kompetenzraster eingeführt, das den Schüler:innen eine klare Orientierung bietet, welche Lernziele sie erreichen sollten und welche Kompetenzen sie entwickeln müssen. Für die anderen Fächer gibt es ebenfalls strukturierte Übersichten, die den Schüler:innen als Orientierungshilfe dienen, um ihre Lernziele und Fortschritte besser nachzuvollziehen.
Auswahl von Materialien: Ein vielfältiger Fundus an Lernmaterialien steht den Schüler:innen zur Verfügung. Dieser Fundus ist jedoch noch im Aufbau, um sicherzustellen, dass den Schüler:innen eine breite Auswahl an Materialien zur Verfügung steht, die sie in ihrem individuellen Lernprozess unterstützen. Diese Materialien werden regelmäßig erweitert und aktualisiert.
Individuelle Vorauswahl von Lernzielen: Die Lernziele wurden auf die individuellen Voraussetzungen der Schüler:innen abgestimmt. Zu Beginn jeder Lerneinheit erhalten die Schüler:innen eine Vorauswahl an Lernzielen, aus denen sie wählen dürfen. Diese gezielte Vorauswahl ermöglicht es den Schüler:innen, sich auf ihre individuellen Stärken und Schwächen zu konzentrieren und den Lernprozess aktiv mitzugestalten.
Am Ende der Lerneinheit reflektieren die Schüler:innen ihre erreichten Lernerfolge und formulieren geplante Optimierungen. In einer abschließenden Präsentation stellen sie ihre Ergebnisse der Gruppe vor, was den Austausch fördert und die persönliche Verantwortung stärkt.
Reaktionen und erste Rückmeldungen
Die Einführung des Lernbüros sorgte zu Beginn für Aufregung und gemischte Reaktionen. Eltern äußerten sich überwiegend kritisch, insbesondere bezüglich der Frage nach der Balance zwischen Selbstständigkeit und der Erreichung von Kompetenzen. Es wurde die Sorge geäußert, dass die Schüler:innen ohne feste Anleitung wichtige Inhalte und Kompetenzen nicht ausreichend erlernen könnten. Einige Schüler:innen wiederum sehnten sich zu Beginn nach mehr Struktur und Anleitung, was die Herausforderung der Umstellung verdeutlichte.
Eine erste Umfrage unter den Eltern nach den Herbstferien bestätigte diese kritische Haltung. Die Wertefrage „mehr Selbständigkeit“ wurde stark mit der Bildungsfrage „Erreichen von Kompetenzen und Inhalten“ verglichen, was zu einer gespannten Diskussion führte.
Die Schüler:innen selbst hatten zu Beginn sehr unterschiedliche Haltungen. Einige empfanden die neue Arbeitsweise als unangenehm und wünschten sich mehr Anleitung, während andere die neu gewonnene Freiheit und die Möglichkeit, ihren Lernprozess individuell zu gestalten schätzten. Diese unterschiedlichen Perspektiven wurden in weiteren einzelnen Befragungen aufgegriffen und führten zu einer differenzierteren Sichtweise auf das Konzept des Lernbüros. Ein umfassende Evaluationsbefragung steht als ein nächster Schritt an.
Anpassungen und Weiterentwicklungen
In Reaktion auf das Feedback der Schüler:innen und Eltern sowie die Beobachtungen der Lehrkräfte wurde das ursprüngliche Konzept des Lernbüros überarbeitet. Eine wesentliche Neuerung ist die Einführung persönlicher Entwicklungsziele zu Beginn jeder Lerneinheit. Diese Ziele werden von jedem Schüler formuliert und später im Resümée überprüft. Diese Erweiterung ermöglicht eine noch individuellere Begleitung des Lernprozesses und stellt sicher, dass die Schüler:innen ihre persönlichen Fortschritte besser reflektieren können.
Ausblick
Die ersten Monate im Lernbüro haben gezeigt, dass das neue Konzept Potenzial für eine tiefere Auseinandersetzung mit den Lerninhalten bietet, jedoch auch eine kontinuierliche Anpassung und Unterstützung erforderlich macht. Die Schüler:innen haben sich an die neue Form des Lernens gewöhnt und können zunehmend selbstständiger arbeiten. Dennoch bleibt es eine Herausforderung, die unterschiedlichen Bedürfnisse der Schüler:innen zu berücksichtigen und die Balance zwischen Eigenverantwortung und kompetenzorientiertem Lernen zu wahren.
In Zukunft wird das Lernbüro weiterentwickelt, um sowohl den Lernprozess als auch die Unterstützung durch die Lehrkräfte zu optimieren. Die kontinuierliche Reflexion und Anpassung des Konzepts ist entscheidend, um den Schüler:innen eine erfolgreiche und nachhaltige Lernentwicklung zu ermöglichen.
Schlussfolgerung
Das Lernbüro hat in der Sekundarstufe zu einer neuen, selbstverantwortlichen Form des Lernens geführt, die von den Schüler:innen unterschiedlich aufgenommen wurde. Durch die Weiterentwicklung des Konzepts und die Anpassung an die Bedürfnisse der Schüler:innen wird es gelingen, eine Balance zwischen selbstständigem Arbeiten und dem Erreichen von Lernzielen zu finden, die den Anforderungen der modernen Bildung gerecht wird.